In der Portraitfotographie ist es manchmal erwünscht einen tiefschwarzen Hintergrund zu erhalten. Interessant, aber die Überzeugung, dass dies nur mit Hilfe von schwarzen „lichtabsorbierenden“ Stoffen wie Molton oder Samt erreicht werden kann, sitzt ziemlich tief. In diesem Beitrag will ich zeigen, dass die passende Lichtführung und nicht ein geeignetes Hintergrundaterial der Schlüssel zum Erfolg ist.

Bei unseren Überlegungen betrachten wir ein einfaches Beispiel: das Hauptmotiv in einem abgedunkelten Raum wird von einer einzigen Lichtquelle beleuchtet. Diese Hauptlichtquelle kann dabei eine Softbox oder einfach ein Fenster sein.

Das Licht vom Hintergrund abschatten

Bei der offensichtlichen Vorgehensweise, die auch als „Abneggern“ bekannt ist, wird ein direkter Lichteinfall auf den Hintergrund verhindert. Dabei verwendet man einen oder mehrere Schirme oder entsprechende Lichtformer, wie beispielsweise Striplight, um eine Lichtabschattung zu erzielen. Hierbei sind zwei Beispiele, die diese Vorgehensweise veranschaulichen.

abneggern-1.gif abneggern-2.gif

Obwohl diese Variante in den meisten Fällen brauchbare Ergebnisse bringt, hat sie einen entscheidenden Nachteil. Man hat relativ wenig Kontrolle über das Endergebnis. Auch ohne einen direkten Lichteinfall reflektiert das Licht unter Umständen vom Boden, Wänden und der Decke und landet schließlich dennoch auf dem Hintergrund. Sind die reflektierenden Flächen hell oder gar weiß, kann eine Lichtabschattung unter Umständen nicht ausreichend sein.

Es klingt vielleicht paradox, aber es spielt keine große Rolle, ob ein Hintergrund vom Hauptlicht abgeschirmt wird oder nicht. Wichtig ist lediglich folgender Zusammenhang:

Die Beleuchtung soll so eingerichtet werden, dass der Hintergrund viel weniger Licht als das Hauptmotiv bekommt.
Angestrebt ist also ein hoher Beleuchtungskontrast zwischen dem Hauptmotiv und dem Hintergrund. Bei einer korrekten Belichtung des Hauptmotivs erscheint der Hintergrund auf diese Weise entsprechend dunkel bzw. schwarz.

Beleuchtungskontrast erhöhen

Wir betrachten weiter das Beispiel mit einer Person vor dem Hintergrund (Bild 1). Bei weiteren Ausführungen behalten wir im Hinterkopf die Tatsache, dass die Lichtintensität quadratisch mit der Entfernung abfällt.

hintergrund-1.gif

Neben der schon erwähnten Lichtabschattung, kann der Beleuchtungskontrast auch auf andere Weise erhöht werden. Zunächst kann der Abstand zwischen dem Hauptmotiv und dem Hintergrund vergrößert werden (Bild 2). Der Hintergrund bekommt folglich weniger Licht – der Kontrast steigt.

hintergrund-2.gif

Weiter kann der Abstand zwischen der Lichtquelle und dem Hauptmotiv verringert werden (Bild 3).

hintergrund-3.gif

Das ist eine weniger offensichtliche und sogar auf den ersten Blick unlogische, aber dennoch genau so wirkungsvolle Methode. Die Lichtmenge, die an den Hintergrund fällt, erhöht sich zwar, allerdings nur unwesentlich. Das Hauptmotiv bekommt verglichen damit aber viel mehr Licht als vorher. (Wir erinnern uns an die quadratisch abfallende Lichtintensität). Der Beleuchtungskontrast steigt somit ebenfalls. Durch eine Kombination von beiden Methoden kann man relativ einfach auch einen hellen Hintergrund verdunkeln.

Dieser Zusammenhang zeigt übrigens deutlich, dass es so gut wie keine Möglichkeit besteht, einen Hintergrund schwarz zu bekommen, wenn das Hauptmotiv sich direkt davor befindet (Bild 1). Egal, ob der Hintergrund dunkel ist bzw. das Licht schlecht reflektiert.

Noch eine Anmerkung zum Schluss. Obwohl ein tiefschwarzer Hintergrund – warum auch immer – insbesonders bei den Fotoanfänger als besonders cool gilt, hat er einen entscheidenden Nachteil: ein Bild wirkt dadurch flach. Das Hauptmotiv „klebt“ am Hintergrund. Wird der Hintergrund dagegen nur ein wenig aufgehellt, hebt das Hauptmotiv sofort vom Hintergrund ab. Das Bild bekommt mehr Tiefe.

An diesen zwei Beispielen kann man das ganz gut nachvollziehen.

i-1.jpg i-2.jpg

Obwohl ich beim ersten Bild eine gewisse Plastizität durch das Streiflicht (siehe ihre Schulter) erreicht habe, wirkt es trotzdem insgesamt ziemlich flach. Das zweite Bild hat auch ohne Streiflicht fast einen dreidimensionalen Effekt.

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14 Comments

  • Danke für die super Beiträge. Sehr nützliche Information wie man es machen oder nicht machen sollte.

    glg

  • Respekt für die Ausführungen. Da könnte sich so mancher VSH-Dozent eine Scheibe abschneiden. Auch ich habe ein Lesezeiche auch diese Seite gesetzt.

    Vielen Dank und Sigi

  • Ich bin begeistert!

    Endlich habe ich eine Seite gefunden, auf der selbst ich als Anfänger etwas verstehe. Ich war schon am verzweifeln, da ich es mit der richtigen Beleuchtung nicht hinbekommen habe. Aber jetzt hat es endlich geklappt. Das gibt mir wieder neue Motivation.

    Vielen, vielen Dank.

    Gruß Dirk

  • Wow ! Ich schau mir schon seit Ewigkeiten deine Bilder in der FC an (immer wieder, sind ja nicht soooo viele…), aber dass du auch noch so coole Tutorial-Beiträge schreibst ist nun wirklich Ober-Klasse. Und ich muß wirklich sagen: sämtliche deiner Arbeiten sehen um Klassen besser aus als dieses populäre Photoshop-Gemale. Ich für meinen Teil werde jetzt spaßeshalber einfach mal meine Software „reduzieren“ (wenigstens mal für 2-4 Wochen) und mich wieder mehr mit den Basics beschäftigen.

    Danke Dir für deine Anregungen, jeder deiner Beiträge ist pure Motivation für andere.

    Gruß, Stefan

  • Hallo !

    Bin durch Zufall auf diese Seite gestoßen, hab sofort ein Lesezeichen gesetzt. Es gibt hier nicht nur viele anschauliche Beispiele. zu sehen, sondern auch hervorragende Fotografien. Danke.

    Mit freundlichem Gruß Rina

  • Der Begriff „abneggern“ wird schon seit Jahren nicht mehr genutzt. Abschatten ist heutzutage gebräuchlich.

  • Danke!! Auch das war wieder sehr hilfreich. Wie einfach doch eigentlich die Zusammenhänge sind, wenn man die denn nur kennt! ;-)

    Marc

  • Über die fotocommunity habe ich bereits zu deinem Beitrag über Rembrandtlicht gefunden.

    Auch diesen Beitrag „Schwarzer Hintergrund im Studio“ finde ich super klasse (hab d was gelernt!).

    Danke schön und mach so weiter, wenn du Lust hast.

    Zum Rembrandtlicht könntest du evtl. noch ergänzen, dass das eine Beleuchtungsart ist, die Männer hervorragend als Denker, Philosophen, Künstler, etc. erscheinen lassen kann – und oftmals auch etwas älter macht.

    LG Christoph

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